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Augustins philosophischer Grund 

  1. Einleitung
  2. Biographisches
  3. Stoa
  4. Cicero
  5. Aristoteles
  6. Skepsis
  7. Neuplatonismus
    1. Das geistige Etwas
    2. Plotin
  8. Fazit
  9. Literaturverzeichnis

5. Aristoteles 

Eine wenig offensichtliche Quelle für Augustinus war Aristoteles. Der wichtige Einfluß, den Aristoteles auf Augustin ausübte, ging von seiner Kategorienschrift aus. Aristoteles ist der Begründer des Konzeptes von den Kategorien, also von den Grundbegriffen, die allen anderen vorausgehen. Der wichtigste Lehrsatz, den Augustinus von Aristoteles übernahm, war das Inhärenzschema von Substanz und Akzidenz, Wesen und Eigenschaft, also daß die Welt aus Dingen besteht und daß die Dinge Träger ihrer Eigenschaften sind1. Die entsprechende Stelle bei Aristoteles lautet:

 Mit 'in einem Zugrundeliegenden' meine ich, was in etwas ist, nicht als ein Teil, und nicht getrennt von dem existieren kann, worin es ist. Zum Beispiel ist das individuelle grammatische Wissen in einem Zugrundeliegenden, der Seele (...) und das individuelle Weiß ist in einem Zugrundeliegenden, dem Körper.2

 In dieser Formulierung entspricht das Zugrundeliegende der Substanz und das was darin ist, den Eigenschaften oder Akzidenzien. Daß mit dem Zugrundeliegenden, der substantia tatsächlich individuelle Dinge gemeint sind wird auf folgender Stelle klar:

 Substanz aber ist die hauptsächlich und an erster Stelle und vorzüglich genannte, die weder von einem Zugrundeliegenden ausgesagt wird, noch in einem Zugrundeliegenden ist, zum Beispiel der individuelle Mensch oder das individuelle Pferd.3

 Dies alles war für Augustinus selbstverständlich, er benutzte es später zur Verteidigung der These, alles Existierende sei in seinem Wesen gut. Wenn etwas schlecht ist, so nur in seinen Eigenschaften, nicht in seinem Wesen.4

 Den offensichtlichen Widerspruch zum Neuplatonismus thematisiert Augustinus nicht. Ganz abgesehen davon, daß es Aristoteles viel mehr um Logik ging als um Ontologie, liegt sein Ausgangspunkt stets im Individuellen, siehe oben. Im Weltbild von Plotin und Augustinus dagegen begründet sich die Wirklichkeit vom Allgemeinen her. Dazu später mehr.

 Hinterfragt werden Aristoteles' Lehrsätze unter anderem deshalb nicht, weil Augustinus die Kategorienlehre für metaphysisch und ontologisch neutral und unwichtig für die Glückssicherung hält.5

1 Flasch S.20.
2 Aristoteles, Kategorien, Kap.2, Werkausgabe Darmstadt 1984, S.9.
3 Ebenda Kap.5, S.10.
4 Flasch S.110.
5 Flasch S.22. Nächster Abschnitt


Dieser Text wurde im Sommersemester 1992 am Philosophischen Institut der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Hausarbeit zum Hauptseminar Augustinus - ausgewählte Texte unter der Leitung von Prof. Dr. Norbert Henrichs von Achim Wagenknecht verfaßt.
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Zuletzt aktualisiert am 09.02.2006