Drittes
Kapitel Viertes
Kapitel
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[Axiom, Hypothese und Postulat]
Das Axiom oder die Autorität ist eine erste unmittelbare und allgemeine
Proposition, z.B. eine Sache existiert entweder oder nicht1;
das gleiche kann nicht zur gleichen Zeit sein und nicht sein2.
Dies sind allgemeine, erste und unmittelbare Propositionen, wie durch die
Worte selbst, richtig verstanden, klar feststeht.
Supposition oder Hypothese unterscheiden sich vom Postulat darin, daß das Postulat eine Forderung ist, die das Wesen einer Sache betrifft, und die Hypothese ist eine Forderung, die irgendeine zufällige Eigenschaft einer Sache betrifft. Der Geometer definiert eine gerade Linie als das, was zwischen seinen Endpunkten in einer Ebene liegt. Jetzt postuliert er, daß die so von ihm definierte gerade Linie gegeben sei, oder daß das möglich sei. Und das ist richtig gesprochen ein Postulat, weil es eine Forderung ist, die etwas Wesentliches betrifft. Aber wenn der Geometer zum Beispiel eine gerade Linie von einem Handbreit Länge fordert, dann ist das eine Forderung, die eine Eigenschaft oder ein Akzidenz betrifft, und deshalb wird sie richtig Hypothese genannt. Genauso ist es in unserem eigenen Beispiel3. Daß es Oberbegriffe und Unterbegriffe wie von uns definiert geben soll, ist ein Postulat, daß diese Begriffe Sinnenwesen und Mensch sind, das eine als oberes, das andere als Unteres, das ist eine Hypothese. Von den obengenannten vier Arten von Prinzipien sind einige Prinzipien,
die einer Wissenschaft eigentümlich4 sind, andere sind allgemein.
Diese Axiome sind nicht nur der Logik angemessen, sondern sind auch
anderen Wissenschaften gemein.6 Eine Hypothese hätte konstruiert
werden können, nämlich, daß irgendwelche zwei Propositionen
kontradiktorisch zueinander seien, damit dann bewiesen würde, daß
sie nicht zusammen wahr oder falsch sein können; und diese Hypothese
wäre der Logik eigentümlich gewesen. Man könnte die Hypothese
annehmen, daß eine geistige Proposition nicht ihr Objekt oder ihr
materielles Objekt wechseln kann, und diese Hypothese gehört nicht
zu Logik, sondern zur Psychologie7. Genauso können in anderen
Fragen Hypothesen formuliert werden, die entweder der Wissenschaft eigentümlich
sind, zu der die Untersuchung der gestellten Frage gehört, oder die
einer anderen Wissenschaft eigentümlich sind, oder mehreren Wissenschaften
gemeinsam. Weitere Betrachtungen sind nötig für einige der Probleme,
die bis hier behandelt wurden und die in den folgenden Kapiteln gezeigt
werden, in denen wir eins nach dem anderen die vier Arten von Prinzipien
behandeln werden, die dargelegt wurden.
[Seite 189:] 1 Tertium non datur. 2 Satz vom Widerspruch. 3 Gemeint ist Logica S.180: "Propositum sit invenire tres terminos...", "Es gehe darum, drei Termini zu finden...". 4 Vergl. Aristoteles, An post I,10,76a38f; An post I,10,76b3f; An post I,32,88b28. 5 D.h. sie gehören jeweils zu einer bestimmten Wissenschaft. 6 Widerspruchsfreiheit und Eindeutigkeit sind Forderungen an jede Wissenschaft. 7 Animastica. |